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Wahrnehmen

Eine kleine Wahrnehmungsschule Jesu

Das Speisungswunder – von keinem Wunder wird in den Evangelien häufiger berichtet.
Jesus sieht die Menschenmenge in seinem Umfeld. Sie sollen versorgt werden. Jesus tritt mit dieser Situation an seine Jünger heran und sagt: „Gebt Ihr ihnen zu essen!“ Das, was uns Jesus heute zutraut, ist nicht viel anders: „Versorgt ihr die Menschen im eigenen Umfeld geistlich!“ Damals reichte es hinten und vorne nicht mit den Finanzen. „Es ist nicht genug!“ – so lautet die Analyse des Jüngers Philippus (Joh 6,7). Mangel an finanziellen Möglichkeiten – „Es reicht nicht mehr aus!“ – das widerspiegelt unsere aktuelle kirchliche Situation.

Der Jünger Andreas verändert nun als erster seinen Blick. Er schaut nicht mehr auf den leeren Geldbeutel, nicht mehr auf den Mangel, sondern auf das, was da ist – auf die Menschen vor Ort (Joh 6, 8-9). Auf einmal sieht er zwei Fische und fünf Brote bei einem Kind. Er hat genau hingeschaut, denn eigentlich ist ein Kind leicht zu übersehen. Wo sehen wir die Kinder mit den zwei Fischen und fünf Broten? Gemeint sind die kleinen geistlichen Nährstoffe in unserem Kirchenbezirk, nicht die großen Würfe und Konzepte, sondern die kleinen Ideen, die anderen Menschen in unserem Umfeld geistliche Nahrung sein können?

Aber auch in den Augen von Andreas scheint das, was er sieht, noch zu wenig zu sein. „Was ist das schon für so viele?“ Manchmal machen wir gute Erfahrungen, bei denen Menschen jenseits der Kerngemeinden mit bestimmten Ideen oder Aktionen, tatsächlich geistlich ernährt und gestärkt werden konnten. Aber wir halten diese Erfahrungen für zu unbedeutend, als dass wir sie teilen. „Was sollen die anderen schon davon haben, das löst doch die großen Probleme auch nicht?!“

Jesus ruft zur Gemeinschaft auf, indem die Menschen nicht gehen, sondern sich gemeinsam niederlassen sollen. Jesus nimmt das Kleine dankend an als Nahrung, die von Gott geschenkte wurde. Und er teilt es an seine Jünger aus, damit sie es weitergeben. Damit wird ein Prozess in Gang gesetzt, der alle ernährt, so dass am Ende sogar noch etwas übrigbleibt. Eine Auslegungstradition sieht das Wunder in der Bereitschaft aller Anwesenden, das Wenige, was sie mithatten, allen zur Verfügung zu stellen.

Die Gemeinden lagern oft einzeln für sich! Jesus ruft aber zur Gemeinschaft auf! Das was wir in unseren Gemeinden an missionarischen Ideen als „zu unbedeutend“ und „zu klein“ erachten, sollte geteilt und allen zur Verfügung gestellt werden. So dass wir uns gegenseitig ernähren und inspirieren bei dem Versuch, Menschen jenseits unserer Kerngemeinde zu erreichen.